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4 Mal werden wir noch wach (aus 2020)

Anmerkung 2023
Wir sind nicht richtig richtig viel weiter aber zumindest in Teilen ein bisschen besser (hoffe ich) und ich gehe gerade meine Entwürfe durch. Also raus damit.

Und die Zeit läuft und läuft, ist es nicht gruselig?

Und irgendwie fällt mir dann jedes Jahr auf dass gefühlt 95% aller Arbeiten rund um Weihnachten an meiner Frau hängen bleiben, ob Essensplanung oder Geschenke einpacken oder oder.

Und dann sind wir wieder bei der Mental Load Diskussion um „Advent Advent die Mutter rennt“

Und wie sehr mir dass eigentlich auf die Eier geht aber wie sehr ich komplett heulend zusammen brechen würde, müsste ich all das machen was meine Frau jeden Tag auffängt und macht.

Ich bin mir sicher und kann im Vergleich mit Erzählungen der anderen Paare in unserem Umfeld ja auch sehen: Ich mache „mehr“. Aber genug? Wohl kaum.

Anmerkung der Redaktion – die Frage „Wie kann ich helfen, hilft nicht sondern erzeugt zusätzlichen Stress“ siehe „You should have asked!

Und wir reden darüber und letzte Woche oder vorletzte sagte meine Frau zum ersten Mal seit 16 Jahren Ehe

„Ich habe mich diese Woche endlich mal gesehen gefühlt“.

Jeanine H.

Alles was mir dazu einfiel war, mich peinlich berührt zu fühlen.

Wie viel internalisierter Machoismus da mitspielt. Wie viel Selbstreflektion es alleine gebraucht hat um an diesen Punkt zu kommen dass ich mal eine Woche bei den guten Partnern mitspielen konnte. Phew.

Ein bisschen Hintergrund zur Grundsituation vielleicht.

Ich arbeite und verdiene mit einem körperlich wenig anstrengenden aber relativ komplizierten Job namens „Softwareentwicklung“ Geld für grob 40 Stunden Arbeit die Woche.

Meine Frau arbeitet mit einem körperlich und geistig hochanspruchsvollen Job, etwa die Hälfte (wenn man Kindergeld mal grob als Gehalt bezeichnen kann, was man nicht sollte, aber you get the Idea) – der Job geht von morgens um 00 Uhr (Stillen Nachts) bis 12 Uhr Mitternacht. Sieben Tage die Woche. 365 Tage im Jahr.

Als ich bei meinen Eltern auszog – konnte ich exakt eine Mahlzeit zubereiten – Rührei. Meine Eltern (und sind wir realistisch, mein Vater konnte eine Bohnensuppe aber auch nur wenn meine Mutter vorher einkaufen war) haben mir nicht beigebracht wie man Essen zubereitet.

Unser großer Sohn kann immerhin sich selbst Sandwiches im Toaster machen und pochierte Eier, sowie Rühr- und Spiegelei.

Ich konnte nicht einkaufen für einen Haushalt. Unsere Kinder brauchen eine Liste, können aber zumindest abschätzen ob mitgenommenes Geld reicht und schaffen es bisweilen sogar zu fragen ob sie etwas mitbringen können, wenn sie sich selbst Chips kaufen gehen.

Ich konnte nicht selbstständig waschen (unsere Großen sind hier leider auch noch hinter Ihrem Potential, es benötigt noch häufiger der Aufforderung die Wäsche vom Zimmer in die Wäschekammer zu bewegen)

Reflektion

Noch immer reagiere ich auf Kritik mit direkter Konterkritik. Woher kommt das wohl? Ich kann mich gut an die Szenen meiner Kindheit erinnern in denen mein Vater sehr sehr laut wurde, weil meine Mutter meinte: „Da hast du unrecht“ oder „Das ist falsch“ – und es ging bei den meisten Sachen um einen Eintrag in einem Lexikon, for fuck sake. Also nicht um etwas Wichtiges. Wie wir inzwischen wissen, über ein Jahr nach seinem Tod, war dass mit der Selbstreflektion nicht so weit her, weder in Bezug auf den Alkohol noch auf andere betrügerische Aspekte seines Lebens. Immer waren alle anderen schuld und nie er selbst.

Ich sehe diese Verhaltensmuster so oft bei mir selbst, es ist gruselig.

Langer Rede, wenig Sinn – ich habe noch so viel an mir zu arbeiten.

Und der bequeme Weg ist der, der im Sessel endet und bei dem man sich dann auf die Schulter klopft, weil man die Wäsche ja in den Trockner gemacht hat und morgens den Frühstückspart erledigt. Der unbequeme ist der, der anerkennt dass es ein Problem gibt und bei dem man anfängt, sich um den Mental Load des Partners WIRKLICH zu kümmern.